Oktober

Schwupp ist der Oktober vorbei und es ist Zeit, dass ich meinen ersten Blogeintrag verfasse. Es ist viel passiert, aber ich denke, ich fange beim Anfang an und erzähle ein bisschen etwas über mich, damit man auch weiß, wer hinter diesen Zeilen steckt.

Mein Name ist Lilli, ich bin 18 Jahre alt und komme aus Lübeck. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und seitdem ich denken kann, vom Pferdevirus befallen:). Das ist auch einer der vielen Gründe dafür, dass ich mich für ein FÖJ in der Geltinger Birk entschieden habe. Mit Pferdeentzugserscheinungen ist nämlich nicht zu spaßen! Ansonsten lese ich viel und gerne, bin oft draußen zu finden und für alle möglichen Schwachsinnsaktionen, immer zu haben. Kleiner Funfact am Rande, von uns drei „Neuen“ bin ich mit meinen knapp 1,60m zwar am kleinsten, sodass ich zu Beginn oft für das Küken gehalten werde, obwohl ich von uns dreien die älteste bin :)

So jetzt aber genug von mir, es wird Zeit von dem so deich- äh ich meine bahnbrechenden Oktober zu berichten. Während Julia Ende September für ein paar Tage nachhause fuhr, verbrachten Anna, Kiwi und ich eine Nacht im Wildpark Eekholt, wo Steffi einen Handwerkermarkt organisiert hatte und uns eingeladen, dort eine Nacht mit zu übernachten. Also fuhren wir Freitag nach der Arbeit nach Eekholt, wo wir durch Zufall genau dann Steffi trafen, als wir ein bisschen lost vor drei potenziellen Eingangstoren standen:). Nachdem wir unsere Sachen in unserer Unterkunft, einer süßen kleinen Gartenhütte mit Stockbetten, Sitzecke und sogar Bad (deluxe hoch 10), deponiert hatten, verbrachten wir den Abend mit Steffi und seinen Kumpels am Lagerfeuer. Unsere Hoffnung Hirsche in der Brunft oder Wölfe zu hören, wurde zwar leider enttäuscht, dafür wurden wir aber mit einer super mystischen Sonnenaufgangsstimmung am nächsten Morgen, als wir ganz alleine im Park rumstromerten, belohnt.

Zurück in Falshöft stürzten wir uns in die letzten Vorbereitungen für das lang geplante Möweninselprojekt, von dem Julia ja schon im letzten Blogeintrag berichtete. Beim Design des Wohnwagens hatten wir genaue Vorstellungen. Nachdem uns von Tommi verboten wurde, den Wohnwagen als Tigerente zu lackieren, entschieden wir uns für dunkelgrün mit gelbem Rallyestreifen. Ein Design, dass sogar die Londoner High Society begeistert (fyi: als Anna Mitte Oktober in London war, stand direkt beim London Eye ein Lieferwagen mit GENAU DEM DESIGN!).

Für den 04.10. war etwas Besonderes geplant: OKF auf der Möweninsel. Ursprünglich wollten wir mit den üblichen sieben Verdächtigen (Tommi, Üwi, Steffi, Julia, Anna, Kiwi und ich) hin, doch am Morgen kamen noch drei Überraschungsgäste in die Station gestiefelt: Killi & Philli (2/3 Birk-FÖJlerinnen von 2021/22) und Ole (FÖJler bei der Stiftung Naturschutz 2021/22, aber auch regelmäßig Gast in der Station). Für uns war es zwar keine Überraschung, weil wir im Vorfeld Kontakt mit Killi hatten, um das Ganze zu organisieren, die Jungs haben aber mit Sicherheit verdutzt geguckt, als sie morgens zuerst an einen mit BH verzierten Wolfpappaufsteller vorbei in ihre Büros gegangen sind und dort dann Killi, Philli und Ole saßen! Zu zehnt fuhren wir dann also zur Möweninsel. Da wir zu dem Zeitpunkt noch keinen Ort in Schleswig hatten, um das Boot zu slippen, machten wir einen Zwischenstopp in Reesholm. Von dort fuhren Tommi, Ole und ich mit dem Boot los, um die anderen dann im Stadthafen abzuholen und rüber zu shuttlen. An dem Tag war starker Westwind und wir hüpfen mit unserem kleinen Speedboot über die Wellen der Möweninsel entgegen. Es gibt echt wenig Dinge, die ein größeres Freiheitsgefühl bei mir auslösen als Wind und Gischt im Gesicht <3

Auf der Möweninsel angekommen, machten wir uns daran mit Holzstecken die Flächen für die Buschkästen und das Vlies bzw. Geotextil zu markieren. Der Tag auf der Möweninsel brachten viele Erkenntnisse. Erstens: wenn Jordtsand (ein Verein, der unter anderem die Möweninsel betreut) vorher aufräumt, liegen gar nicht so viele tote Vögel und Müll rum und zweitens: die 1140 Pfähle werden wir DEFINITIV nicht per Hand einrammen können (bei dem ersten Versuch dies zu tun, haben wir zu fünft 20min gebraucht..). Mit diesen ganzen Erkenntnissen fuhren wir also wieder nachhause, um dort den theoretischen Masterplan auszuarbeiten.

In der nun folgenden Orgaphase, fingen wir an das Stackett beim Schütz am Krötenweg neu zu bauen, um die Zwischenzeit produktiv, wie wir sind, zu überbrücken:). Mit überraschendem Perfektionismus und Krampenrecyclingwahn von Steffi schafften wir es innerhalb von ein paar Tagen, die eine Hälfte komplett zu erneuern.

Als ersten richtigen Arbeitstag auf der Möweninsel war der 12.10. in der Benderschen Planung anberaumt worden. Den 11.10. nutzten wir also für wichtige letzte Orgapunkte: die drei Arbeitsflösse zusammenbauen und zusammen mit zwei Paletten Pfählen auf den Strautmann-Anhänger laden; gucken, ob der Stromerzeuger genug Wumms hat, um Twisterpommes in der Heissluftfriteuse zu machen; den Wohnwagen auf den Hänger laden; gucken, ob die Twisterpommes aus der mit dem Stromerzeuger betriebenen Heissluftfriteuse schmecken; klären wer wie viel Tischfläche und Fensterblick beim Mittag im Wohnwagen bekommen soll und außerdem alles, was wir eventuell an Werkzeug brauchen könnten, in den Bus stopfen.

Am nächsten Tag machte sich die Karawane dann also auf die große Reise. Tommi fuhr den Schlepper mit Hänger, Steffi den Bus mit Wohnwagen und ich den Pick-Up mit Boot. Ich muss ehrlich sagen, wir haben uns schon sehr cool gefühlt, als wir bei Sonnenaufgang alle hintereinander Schleswig entgegenfuhren und das lang geplante Möweninselprojekt endlich so richtig los ging.

Doch dabei blieb es nicht, der Tag endete mit einem lang herbeigesehnten Geistesblitz von Julia. Endlich hatten wir eine Idee für den Namen unserer Whatsapp-Gruppe mit den Jungs (Trommelwirbel..) DIE DOOZER! Hier eine kleine Erklärung am Rande zum näheren Verständnis: die Doozer sind Figuren aus einer Kinderserie der 80er von dem Erfinder der Sesamstraße und Muppets. Die Doozer sind kleine Wesen mit gelben Schutzhelmen und Werkzeug, die Dinge aus Zucker bauen. Dadurch werden die gebauten Dinge leider von den größeren Fraggles gefressen, sodass die Doozer ständig neue Dinge bauen müssen. Ich glaube, dass reicht schon als Erklärung, wie wir zu dem Gruppennamen kamen, oder?

Für den Beginn des normalen Arbeitsalltagswahnsinns auf der Möweninsel mussten Anna, Julia und ich die Jungs leider alleine lassen, weil wir in der nun folgenden Woche das zweite FÖJ-Seminar in der Nähe von Schleswig hatten. Obwohl wir doch so nah an der Möweninsel waren, war der Alltag beim Seminar ein totaler Kontrast zu unserer lustigen, kleinen ISGB-Bubble. Während die Jungs und Kiwi, unterstützt von Killi und Ole, das erste Mal Twisterpommes auf der Möweninsel genossen (keine Sorge, wir wurden mit viiiiiielen Fotos versorgt;)) und die ersten Pfähle setzen, ging es bei unserem Seminar um Konsum und Ernährung in Bezug auf die Zukunft und den Klimawandel. Wir verbrachten die Woche mit vielen tollen Menschen; überschätzen unsere Marshmallow-Esskapazität massivst; sangen am Lagerfeuer; chillten und vibten zu unter anderem der Fantasy Version der Kahoot-Musik; spielten Capture the Flag im Stockdunkeln; transportierten ein Klavier in ein Zimmer, indem schon ein Klavier stand; versuchten uns an Entspannungsübungen und nutzten jede Grauzone der Rallyeregeln zu unserem Vorteil. Alles in allem war es eine echt tolle Woche, obwohl wir alle drei, wie bei jedem Seminar, die Birk mit allen dazugehörigen Menschen total vermissten. Dass unsere geliebte Birk sich stark verändert haben sollte, wenn wir sie das nächste Mal bei Tageslicht sehen würden, konnten wir uns in dem Moment nicht in unseren wildest dreams vorstellen.

Alles begann mit einer Sturm- und Hochwasserwarnung für die Nacht vom 20.10. auf den 21.10., die uns allen ziemlich übertrieben vorkam. Von den Jungs und Kiwi hörten wir, dass sie die Insel noch wetterfest gemacht und unseren grün-gelben Wohnwagen im Hafen gesichert hatten. Als das Seminar dann zu Ende war, fuhren wir zurück nach Falshöft. Im Gepäck hatten wir noch Ole und Niklas, zwei Mit-FÖJtis, die auf Segelschiffen ihr FÖJ machen und aufgrund des Sturms nicht wieder dorthin zurückkamen. Auf dem Weg nachhause machten wir noch einen Zwischenstopp im Supermarkt und statteten uns mit Pizza und Bier aus, um die Sturmnacht nach norddeutscher Art zu verbringen. In Falshöft angekommen, wurden wir noch kurz von Nils gebrieft, guckten über den Deich und machten es uns dann mit Pizza und Tatortreiniger gemütlich (wer Tatortreiniger nicht kennt, hat echt ne Bildungslücke, Bjarne Mädel als Tatortreiniger Heiko Schotte DIE PERFEKTE BESETZUNG). Am nächsten Morgen wurden wir dann gegen 7 Uhr von Tommi mit den Worten „Der Deich ist gebrochen, die ganze Birk steht unter Wasser! Macht euch fertig, wir treffen uns in Gammeldamm“ aus dem Bett geklingelt. Auf dem Weg nach Gammeldamm sahen wir dann das Unglück: 600m des Deiches vor dem Beginn des NSGs waren gebrochen. Es hatte echt etwas dystopisches. Mit den Bauzäunen, die wir in Gammeldamm aufluden, sperrten wir dann die Zugänge der Birk und informierten Besucher bis wir die Zäune ordentlich mit Schildern sperren konnten. Zurück in der Station machten wir eine große Lagebesprechung mit den Jungs und Bunde Wischen. Außerdem schafften wir es endlich etwas zu essen, da wir die Snacks, die wir uns in aller Eile morgens eingepackt hatten, warm und trocken im Flur stehen gelassen hatten. Dann fuhren wir mit Bunde Wischen Rinder einsammeln. Diese standen zum Glück im kniehohen Wasser nah am Zaun, sodass wir sie leicht abtransportieren konnten. Anna und ich schafften es trotzdem uns bis zum Oberschenkel in einem Graben zu versenken, als wir noch etwas aus dem Pick-Up holten und so die Mitfahrgelegenheit am Viehtrailer durch das tiefe Wasser verpassten. Deshalb mussten wir einen Bogen durch den Wald schlagen, der durch einen nicht sichtbaren Graben vom Weg getrennt wurde. Vielen Dank an Hanne von Bunde Wischen an dieser Stelle für die Warnung, dass dort ein Graben ist. Das nächste Mal bitte bevor wir schon drin stehen;). Damit war der Tag dann auch schon fast vorbei. Er endete dann mit ein paar durch den Zaun gegangen Rindern, die wir wieder auf die Weide trieben und dann endlich den Feierabend mit der ersten richtigen Mahlzeit am Tag beschlossen. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen und trotz der Katastrophenstimmung habe ich den Tag irgendwie als schön in Erinnerung behalten (das liegt vielleicht auch daran, dass ich so Bereitschafts-/Notfallsituationen schon immer spannend finde und gerne mag:)).

Am folgenden Sonntag kam Ole (nicht der aus unserer Seminargruppe, sondern der Ehemalige;)) dann noch her und gemeinsam gingen wir zu Fuß in die Birk, um nach den Rindern auf dem Außendeich und den Koniks, die auf ehemaligen Strandwällen standen, zu sehen. Die Orgabesprechung am Morgen war echt kompliziert, da die Planung zwei Oles involvierte und Gruppeneinteilungen beeinhaltete. Nachdem wir uns dann alle irgendwann wieder in der Birk getroffen hatten, stellten wir bei den Rindern und Pferden fest, dass zum Glück nichts passiert war. Die Pferde waren richtig glücklich uns zu sehen und wir konnten auch endlich das Fohlen von Ketupa sehen, welches in unserer Seminarwoche geboren war. Da ist man EINMAL nicht da..

Am Montag machten wir uns dann wieder auf den Weg zur Möweninsel, um dort die Sturm- und Flutschäden zu prüfen. Dass ein paar unserer Pfähle abgetrieben waren, wussten wir schon von Fotos, die wir von den Stadtwerken bekommen hatten. Das Ausmaß konnten wir uns aber nicht so richtig vorstellen. Insgesamt haben Steffi und ich an dem Tag ca. 300 Pfähle per Hand in und um Schleswig zwischen Hausbooten, Stegteilen, Fendern und vielem mehr aus dem Schilfgürtel der Schlei geborgen und wieder auf die Insel gefahren! Diese Pfähle haben echt liebevolle 1-zu-1-Betreuung bekommen;).

Am nächsten Tag ging es für Kiwi und mich in die Birk, um Teiche zu probieren. Da es in der Birk nämlich nicht nur zu Deichdurchbrüchen und -überspülungen kam, sondern auch zu Qualmwasser (Wasser, dass durch den Deich gedrückt wurde), wussten wir nicht wie viele der Teiche noch Süßwasser enthielten. Also hieß es für uns Finger reinhalten und probieren. Glücklicherweise fanden wir noch ein paar Süßwasserteiche, sodass die Trinkwasserversorgung der Galloways, Koniks und Schafe vorerst sichergestellt war.

Den Rest der Woche bewachten wir den Bauzaun bei der Straße zum Besucherparkplatz, um die Einhaltung des Betretungsverbots zu gewährleisten. Der Bauzaun war tagsüber nämlich zur Seite geräumt, damit die eingesetzte Tiefbaufirma Material für erste Reparaturen in die Birk fahren konnte. Diese Aufgabe war zwar ziemlich langweilig, aber wir nutzten die Zeit sinnvoll, indem wir zum Beispiel alle uns bekannten Energizer durchgingen oder Anna uns den Tanz zu „Moskau“ beibrachte:).

Zwei weitere Highlights der Woche waren die neue Kamera am Frontlader des Treckers und Hip-Hop-Tommi, als er seine Moves zu „So ne Musik“ von Deichkind auspackte (keine Sorge Tommi, das Video ist top secret:))

Und dann war der Oktober auch schon fast vorbei und langsam legte sich etwas Ruhe ein. Da am 31.10. ja Feiertag war, beschlossen wir am 30.10. alle ZA zu nehmen. Anna, Julia und ich nutzten den Tag für unseren ersten gemeinsamen Ausflug nach Flensburg. Wir stöberten durch Second-Hand-Läden, überfielen die dänischen Bäckerei <3 und genossen einfach unseren freien Tag, was nach den vergangenen anstrengenden Tagen echt gut tat und uns half wieder fresh für die anstehenden Arbeiten auf der Möweninsel zu sein, aber davon wird Anna nächsten Monat mehr berichten. Ich kann aber schon mal sagen, mit der ISGB wird es nie langweilig:)