Und schon ist der dritte Monat rum. Die Zeit hier vergeht wie im Flug und ist gleichzeitig wie ein Buch mit unglaublich vielen Seiten, an dem man klebt und in dem es auf jeder Seite etwas Neues gibt. Während wir durch die Kapitel schnellen erleben wir so viel, dass es sich anfühlt, als könnte das nicht alles in die vergleichsweise kurze Zeit passen, die wir hier sind.
Der Oktober hat neben noch mehr Regen eine ganze bunte Welt mit sich gebracht. An blattlosen Rosenästen glänzen rote Hagebutten, die Bäume in der Birk sind gelb, orange, braun und rot und das mittlerweile gelbe Gras misst sich an sonnigen Tagen mit einem intensiv blauen Meer. Träumchen!
Was diesen Monat gefehlt hat war definitiv mehr normaler Arbeitsalltag! Der Oktober startete für mich mit
einer kleinen Reise zum Wildpark Eekholt in Heidemühlen. Hier hatte Steffi einen Handwerkermarkt organisiert, bei dem er Paula und mich mit einschleusen konnte. Am Abfahrtsmorgen ging es Paula
aber leider so schlecht, dass sie zuhause bleiben musste und ich mich allein auf die Reise machte, während der ich vom Rad fliegen, kurz vor meinem Ziel wegen eines nicht erreichbaren
„Anruf-Sammeltaxis“ stecken bleiben sollte und letztendlich von einer hilfsbereiten Dame aufgegabelt und zum Wildpark gebracht wurde. – Man sollte meinen die Jugend von heute kann wenigstens
selbstständig reisen... ;)
Für den Handwerkermarkt hatte es sich jedoch gelohnt, denn der war total schön gemacht: Auf einer Lichtung mitten im Park waren mehrere Stände aufgebaut, an denen man verschiedenste Dinge
ausprobieren konnte. Neben Verkaufsständen mit Keramik, Bienenwachskerzen und Schmuck luden besonders Drechseln, Löffelschnitzen, Lederbearbeitung und Besenbinden zum Mitmachen ein und nach dem
eher zögerlichen Besucherstrom am ersten Tag rückten am zweiten und dritten Tag umso mehr begeisterte Mitmacher an. Steffi kam aus dem Besenbinden garnichtmehr heraus und auch der
Löffelschnitzer, bei dem ich die meiste Zeit des zweiten Tages verbrachte vergaß vor lauter Erklären die Zeit. Auch ich wurde von manch kleinem Kind, das mich mit meinem Minilöffel-Projekt sah,
in Beschlag genommen und über das Löffelschnitzen ausgequetscht.
Insgesamt ging der Handwerkermarkt drei Tage lang, von Samstag bis Montag und nachdem die letzen Besucher gegangen waren konnten wir bis in die Nacht am Feuer sitzen, über dem tagsüber gekocht
wurde, Geschichten austauschen und den Wölfen beim Heulen zuhören. Eine schöne Erfahrung :)
Zurück auf der Birk ging es in dieser Woche gleich weiter mit Wegeaufhieb. Das bedeutet Wegränder mähen, in den Weg hängende Äste mit sehr sehr sehr langstieligen Säge (Astungssäge) kappen, junge Bäume professionell mit dem Taschenmesser umsäbeln und schwarz-schmierige Hände bekommen weil jemand den Stiel der Astungssäge mit irgendeinem Schmierzeug „pflegen“ wollte (hust, Tommi, räusper). Außerdem war diese Woche die zweite und leider auch letzte Woche unserer Schülerpraktikantin Mia, die sich schon in der ersten Woche sehr gut ins Team eingegliedert hatte. Am liebsten hätten wir sie am Ende ihrer zweiten Woche als dritte FÖJlerin adoptiert.
Unsere Arbeit im Os ging in dieser Woche auch weiter. Da ich während des letzen Mals im Os gerade im Schwarzwald gewesen war, war ich umso gespannter auf das Gebiet, den Kettendumper und Co. Vor uns lagen noch zweieinhalb Wiesen, von denen geschwadetes (in aufgehäuften Reihen auf dem Feld liegendes) Mahdgut (gemähtes Zeug) abgetragen werden musste. Außerdem kämpften Steffi und ich uns mit Freischneidern durch dichtes Schilfgras, wobei man stets darauf achten musste auf dem durchfurchten, sumpfigen Untergrund weder umzukippen noch darin zu versinken oder mit dem Freischneider gegen eine der massiveren Schilfgrasstauden zu mähen. Freischneidern hat sich in den letzten Wochen als sehr meditative Tätigkeit herausgestellt – sofern man nicht auf Sand mäht, der einem bei der kleinsten Berührung mit den Freischneiderblatt ins Gesicht und um die Ohren fliegt. Während man Halme, junge Bäume und unerwünschte Kartoffelrosenherrschaften umlegt laufen die Gedanken von ganz allein durch den Kopf und alles, was wir hier so erleben kann verarbeitet werden. Danach fühle ich mich jedes Mal viel aufgeräumter.
Unsere Arbeit im Os streckte sich bis in die nächste Woche und Paula, unser Praktikant Micha und Ich
etablierten ein ganz gut funktionierendes Durchwechselsystem für Stampfen, Dumper fahren und Forken. Auch Tommi führte ab und zu einen netten Stepptanz auf dem Dumper vor oder spielte CandyCrush
an der Steuerung während er langsam vor sich hin tuckerte xD
Die Mischung aus mit dem Dumper über die Fläche tuckern, Heuhüpfen und riesen Forken mit Mahdgut auf die Dumperfläche packen machte so viel Spaß, dass ich richtig nostalgisch wurde, als alles
fertig abgetragen war. Bis hoffentlich bald, liebes Os!
Außer dem Os gab es diesen Monat aber noch mehr, an dem wir uns erfreuen konnten, denn wir bekamen gleich
mehrfach Besuch. Die ehemalige FÖJlerin Laurien aus dem Jahrgang 2019/20 und ihr Freund Steven wohnten eine Woche lang im Steingebäude neben der Werkhalle Gammeldamm. Gemeinsam besuchten wir die
Pferde, tauschten lustige FÖJ Geschichten aus und starteten gemeinsam mit Mia eine Apfelsammelaktion um Saft pressen zu können. Als wir mit dem PickUp zu den Pferden fuhren, nahmen wir die Route
über den Feldweg, an dem wir im August schon mit Üwi und dem Traktor Obst gesammelt hatten. Lediglich zwei Bäume mussten wir ein paarmal schütteln und schon war die ganze Pickup Ladefläche voll
mit Äpfeln. Am darauffolgenden Samstag fuhren wir dann mit Üwi zu einer mobilen Apfelpresse in Rabenholz, was bei uns verhältnismäßig direkt um die Ecke ist. Auf einem einzigen Anhänger wurden
die Äpfel zerstückelt, gepresst, erhitzt, und vom sogenannten Apfelpiraten steril in 5L Säcke abgefüllt. In gesammelter Mannschaft packten wir mit an und assistierten beim Füttern der Maschine
mit Äpfeln und Birnen, die die Leute in Taschen, Kisten, Anhängern und Schubkarren herbeischafften. Das ganze war so getaktet, dass jeder seine Äpfel abgeben und sich am Ende den Saft aus genau
diesen Äpfeln wieder abholen konnte. Als unsere Äpfel an der Reihe waren hatten wir sogar das Glück den Saft unserer ersten Äpfel direkt aus der Presse noch vor dem Erhitzen probieren zu dürfen.
Ein kulinarischer Höhepunkt unseres FÖJ! Oder wie die allgemeine Beschreibung lauten würde: Mmmmmmh!
Insgesamt wurden aus unseren und Üwis Äpfeln 210L(??) Saft gewonnen, die sogleich unter den Anwesenden aufgeteilt wurden. Von den restlichen Litern kaufte Steffi uns in der nächsten Woche auch
noch welche ab und wir hatten den Eindruck er hätte am liebsten gleich alles genommen >.<
Ein Spannendes Extra diesen Monat war unsere erste Vogelführung mit Lisa und Gerhard vom NABU. Wir begleiteten die beiden auf einer Führung für Kinder und durften die 24 verschiedenen Vogelarten, die uns innerhalb von zwei Stunden vor die Linse flogen und schwammen gemeinsam mit diesen entdecken. Von den mittlerweile fast allgegenwärtigen Graugänsen über Silberreiher, Kormorane, Pfeifenten und Kibitzregenpfeifer konnten wir unser Repertoire an Vogelkenntnissen gut festigen und erweitern.
Einer der Gründe, weswegen wir diesen Monat verhältnismäßig wenig normale Arbeitsalltage hatten, war sehr spannend: Unser Kettensägenkurs stand an! Fünf Tage mit Theorie Einheiten und viel Praxis warteten auf uns – oder so zumindest der Plan. In Wirklichkeit kam nur Paula in den vollen Genuss, da ich den Kurs am ersten Tag wortwörtlich zum Kotzen fand und erstmal flachlag – sehr zu meinem Leidwesen, vor allem, weil das bedeutete, dass ich den Kettensägenschein erst später machen konnte. Dabei hatten wir schon große Pläne mit unseren neuerworbenen Fertigkeiten, aber davon hört ihr in den nächsten Einträgen. Für mich heißt es erst einmal den Kurs nachholen, bevor ich irgendeine Säge anfassen darf L
Der andere Grund für wenig normale Arbeit war unser zweites FÖJ Seminar
in der darauffolgenden Woche, für dessen Vorbereitung wir seit August immer wieder Videokonferenzen und Präsenztreffen veranstaltet hatten. Zum Thema Landwirtschaft, Konsum und Ernährung hatten
wir ein Programm mit vielen Diskussionen über Nachhaltigkeit, Ernährungsformen, Plastik, … dem Besuch eines Bio-Bauernhofes, einem Kräuterspaziergang nach dem Motto „Essen was vor der Haustür
wächst“ und vielem mehr zusammengestellt. Auf dem Gelände der Begegnungsstätte Klöndeel in Loopstedt bewohnten wir als Gruppe ein großes Haus mit einem gemütlichen Seminarraum unter dem Dach und kamen in dieser Woche nicht nur in den Genuss
des einzig wahren Seminar-Feelings, sondern auch einiger ausgesprochen exquisiter Malzeiten, die wir gemeinsam zubereiteten.
Neben den themenbezogenen Inhalten war in diesem Seminar Platz für einen Open-Space Workshop, bei dem es viele verschiedene Angebote gab, denen man sich ganz nach Belieben anschließen konnte. Von
Sauerteigbrot backen über Wachstücher für die ganze Gruppe herstellen, Häkeln/Stricken und Fußball spielen war alles dabei.
Nachdem außerdem die Woche über abends Bibi und Tina geschaut, mit vollstem Einsatz gepuzzelt, gelesen, gekocht, gestrickt oder einfach entspannt wurde, ließen wir unseren letzten Abend mit
Punsch und Musik am Lagerfeuer ausklingen.
Als wir am darauffolgenden Tag mit leichtem Schlafmangel zurück zur Birk kamen hatte ich bevor es zu unserer ersten Sitzung des Fördervereins der Integrierten Station Geltinger Birk ging kurz Zeit zum Umpacken, da ich am darauffolgenden Tag gleich wieder verreisen würde. Im Anschluss an die Versammlung saßen wir zur Feier unserer Rückkehr noch bis nach Mitternacht mit Steffi und Üwi in der Station bevor die Lichter ausgingen. Zum Glück hatte ich so immerhin noch eine Portion Steffi-Üwi, denn die ganze folgende Woche verbrachte ich mit meiner Familie (was auch sehr schön war) in Bayern. Ärgerlicherweise war genau das die Woche in der auf der Birk Full House war. Gleich mehrere Ehemalige, die ich sehr gerne kennengelernt/wiedergesehen hätte kamen zu Besuch während ich alles verpasste – heul. Die Guten riefen mich aber zu meinem Geburtstag an und trällerten mir ein schief-fröhliches Geburtstagsständchen. Vielen Dank, ich bin immer noch gerührt! >.<
Nach drei Wochen ohne normale Arbeit am Stück leide ich an akutem Entzug und brenne schon darauf im November wieder loszulegen. Gerade sitze ich noch auf einem sehr gemütlichen Sofa in Bayern und sende euch von hier aus fränkische Grüße! Bis bald :)